Spreewaldkähne aus der Domstadt – das macht sie besonders
MOZ Artikel vom 14. September 2025
Ein Unternehmen aus Fürstenwalde erneuert Teile für Simson und baut jetzt auch Kähne für den Spreewald. Die Boote haben ihren Ursprung in Lübbenau.
Den Bau von Spreewaldkähnen vermutet man eher in der Region, in der die Wasserfahrzeuge auch zum Einsatz kommen. Doch neuerdings werden sie auch in Fürstenwalde produziert – bei der format gGmbH in Fürstenwalde. Vor wenigen Tagen präsentierte man den ersten selbst gebauten Spreewaldkahn. Länge: 6,75 Meter.
Als anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen sei die Leitung immer auf der Suche nach passenden Aufträgen.
Schon lange werden die Kähne nicht mehr aus Holz, sondern aus Aluminium gefertigt.
„Als der Bootsbauer Thomas Lubkoll aus Lübbenau in einer Sendung des rbb darüber sprach, dass er in den Ruhestand gehen wolle und für seinen Betrieb, in dem schon Großvater und Vater tätig waren, einen Nachfolger sucht, wurden wir hellhörig“, erzählt format-Geschäftsführer Andreas Kosch.
Zwei neue Aufträge liegen vor
Mit seinem Werkstattleiter Sven Hettner fuhr er nach Lübbenau zu Thomas Lubkoll, bald folgte ein Gegenbesuch. „Erst war ich ja skeptisch“, bekennt der 67-jährige Bootsbauer. Aber als er vor Ort sieht, welche Möglichkeiten im Metallbau vorhanden sind, war er bereit, sein Knowhow zur Verfügung zu stellen. Nicht nur seine langjährige Erfahrung, sondern auch die Schablonen, mit denen schon sein Vater gearbeitet hat, um die Einzelteile eines Spreewaldkahnes zuzuschneiden. Die würden zwar nicht im Original in Fürstenwalde bleiben, aber als Kopien.
Schon lange werden Spreewaldkähne nicht mehr aus Holz, sondern aus Aluminium gefertigt. Auch der erste format-Spreewaldkahn ist aus Metall, in ihm verankert sind ein Tisch und zwei holzverkleidete Bänke mit geschwungenen Rückenlehnen. Alles in der Metall- und Holzwerkstatt des Unternehmens selbst gefertigt, zugeschnitten und geschweißt.
Zwei weitere, aber dann acht Meter lange Spreewaldkähne, seien schon bestellt, ist zu hören. Die Preise liegen zwischen 5000 und 6000 Euro. „Wir wollen ja nicht in Serie produzieren“, sagt Andreas Kosch, „aber wir möchten nützliche Arbeiten anbieten, die unsere Mitarbeiter stolz machen und mit der wir auch Geld verdienen, um Löhne zahlen zu können“.
Diese Entgelte bewegen sich aufgrund der besonderen Situation der Werkstätten im niedrigen Bereich, die Mitarbeiter mit Beeinträchtigung – und das sind im Verbund der vier Werkstätten 300 – bekommen aufstockende Leistungen.
Die Metallwerkstatt ist eine Abteilung bei format. Es gibt auch eine Druckerei und eine Wäscherei. In der Konfektionierung prüfen, zählen und verpacken die Mitarbeiter Karten, die als Rohware angeliefert und für verschiedene Kunden verpackt werden. Derzeit sind Weihnachtskarten mit unterschiedlichsten Motiven an der Reihe – mehr als 100.000 werden es wohl sein.
In der Metallwerkstatt, in der der Spreewaldkahn gebaut wurde, kann vieles erledigt werden. Hier wird montiert, sandgestrahlt, geschnitten, gebohrt und geschweißt. Es entstehen Kabelbügel für Elektrohersteller, Wellen für Scheinwerfergehäuse, Brennerringe für Heizungen und, und, und. Alte Teile von Autos oder z.B. Simson-Mopeds sehen nach der Sandstrahlung aus wie neu.
Menschen mit Handicap
Ziel aller Bemühungen ist es, Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern und sie möglicherweise auch fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen. Das kommt vor, wenn auch selten. Der erste Schritt sei immer die Auslagerung von Arbeitsplätzen, aber format bleibe zunächst der Arbeitgeber.
„Für diese Arbeit mit behinderten Menschen braucht es viel Geduld, aber es kommt auch viel Erfreuliches zurück“, sagt Werkstattleiter Sven Hettwer. Seit vier Jahren arbeitet der gelernte Tischler mit großem handwerklichen Geschick bei format.
Seine Aufgabe sieht er darin, die Komplexität der Arbeit, den Arbeitsprozess aufzubrechen, zu teilen und für die Mitarbeiter mit Handicap einfacher zu machen. Insofern war der erste Spreewaldkahn (auch geeignet für Motorantrieb) eine sehr große Herausforderung. Wer möchte, kann ihn kaufen.


